Manche Gebäude schreiben Architekturgeschichte, oder sollte man besser sagen ‚Zukunft’? Als Prototyp eines achtgeschossigen Gebäudes in Holzbauweise dient der LifeCycle Tower in Dornbirn als Forschungsprojekt, mit dem die Umsetzbarkeit und Funktionalität des modularen Holzsystembaus unter realen Nutzungsbedingungen geprüft werden soll.
Architekturfotografie Dornbirn Lifecycle Tower One
Der LifeCycle Tower, kurz LCT One in Dornbirn ist als erstes achtgeschossiges Holzgebäude Österreichs in mehrerlei Hinsicht eine Pionierleistung. Neben den Brandschutzvorgaben war insbesondere die Umsetzbarkeit der Holzsystembauweise bis zur Hochhausgrenze zentrale Herausforderung und Forschungsvorhaben in Einem. Dabei sollte die Funktionstüchtigkeit in einer realen Nutzungssituation unter Langzeitbedingungen geprüft und dem Projekt LifeCycle Tower zur Marktreife verholfen werden. Im Fokus stand die Entwicklung einer ressourcenschonenden Bauweise die sich auch für mehrgeschossige Gebäude eignet. Als regenerierbare natürliche Ressource bot sich Holz als zentraler Baustoff an. Das CO2-neutrale Material ist seit Menschengedenken ein nahezu weltweit verfügbarer Rohstoff, der zu 100 Prozent recycelt werden kann und sich positiv auf die Klimabilanz auswirkt. Eine hohe Wärmedämmkapazität, geringes Eigengewicht und der minimierte Ressourcen- und Energieaufwand machen das Holz zu einem über den gesamten Lebenszyklus äußerst nachhaltigen Rohstoff. In Verbindung mit einzelnen Komponenten aus Beton erreicht das Material eine Stabilität, die den Geschossbau weit über die bisher für Holzbauweise übliche Höhe hinaus erlaubt.
Holz-Beton-Verbundrippendecke als Schlüssel zur Höhe
Für die Projektdurchführung gründete das Vorarlberger Holzbauunternehmen Rhomberg Gruppe eigens eine Tochtergesellschaft, die Cree GmbH. Diese entwickelte zusammen mit der Architekten Hermann Kaufmann ZT GmbH in nur einem Jahr ein Gebäudekonzept samt dazugehörigem Konstruktionssystem, anhand dessen das Höhenpotential im Holzbau mit dem Forschungsprojekt des LTC One untersucht werden sollte. Die ursprünglich avisierte Höhe von 100 Metern und 20 Geschossen konnte zwar nicht erreicht werden, doch mit 27 Metern und acht Geschossen ist der LifeCycle Tower laut Bauherrin das erste ungekapselte Holz-Hybrid-Gebäude mit dieser Geschosszahl. Der wesentliche Unterschied zu herkömmlichen Holzbauten liegt in den unbeplankten tragenden Elementen, die Holzstruktur der Tragelemente ist also nicht verkleidet. Jedoch wurde Holz nur soweit eingesetzt, wie es auch Sinn macht um Ressourcen und Energie zu sparen. So wurde etwa der Treppenhauskern aus Brandschutzgründen in Ortbeton gefertigt. Die besondere Tragstruktur entsteht durch hölzerne Doppelstützen in der Fassadenebene, die Geschossdecken bestehen wiederum aus einem Holz-Beton-Verbund, bei dem die Biegefestigkeit der Stahlbeton-Deckenplatten durch Unterzüge aus Brettschichtholz erhöht wird. Vorgefertigte Holzbalken in Stahlschalung, die in einem Vergussverfahren betoniert wurden, beschleunigten den Bauablauf um etwa 50 Prozent. Pro Geschoss betrug die Bauzeit nur einen Tag. Die acht Zentimeter dicke Betonlage bietet genügend Raum für die Unterbringung der Haustechnik, die Leitungen für Beleuchtung, Lüftung, Heizung, Kühlung und Sprinkler sind direkt im Balkenfeld integriert. Diese Holz-Beton-Verbundrippendecke ist ausschlaggebend für die Konstruktionssicherheit.
Holz und Aluminium geben beim Design den Ton an
Das im Jahr 2012 fertiggestellte Projekt konnte bereits verschiedenste Preise gewinnen, unter anderem den KYOCERA-Umweltpreis und den Holzbaupreis Vorarlberg. Mit seiner Höhe von rund 27 Metern und der elf mal 27 Meter großen Grundfläche setzte der rechteckige Baukörper Maßstäbe im Holzsystembau. Während die Tragkonstruktion aus Holz im Gebäudeinnern sichtbar und gleichzeitig maßgebliches Designelement ist, wurde die vertikal betonte Holzfassade im Außenbereich mit Aluminium verkleidet. Der rechteckige Baukörper mit seinen streng rhythmisierten, hochkant angeordneter Fensteröffnungen beweist sich auch in ästhetischer Hinsicht als internationales Forschungsprojekt zur Zukunft des urbanen Bauens. Aktuell wird der Prototyp des LCT überwiegend als Büro genutzt. Die dauerhafte Ausstellung im Obergeschoß zeigt Wege modernen, nachhaltigen Bauens und unterstreicht damit nochmals den Vorbild- und Pioniercharakter des Projektes.
Für die Zukunft gemacht
Da der LifeCycle Tower ohne tragende Zwischenwände konzipiert wurde, ist er variabel nutzbar und kann zukünftigen Gegebenheiten immer wieder neu angepasst. werden. Egal ob Wohn-, Büro- oder Hotelgebäude, die Räumlichkeiten wie auch die Nutzungsbedingungen variabel. Die maßgebliche Herausforderung war dabei der Brandschutz, denn die Holzverbundhybriddecke musste den Prüfnachweis nach DIN EN 13501 erfüllen, wozu mehrere Deckenelemente einem Brandversuch unterzogen worden waren. Projektziel war es außerdem, neben Ressourcen auch den Energieverbrauch zu reduzieren. Mit einer hochgedämmten Gebäudehülle und dreifach verglasten Fenster, sowie einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung gelang es, für den Neubau Passivhausstandard zu erreichen. Die CO2-Bilanz konnte zudem um 90 Prozent gegenüber herkömmlichen Gebäuden dieser Dimension verbessert werden. Abgerundet wird das Energiekonzept durch eine maßgefertigte Lichtlösung, die Tages- und Kunstlicht hocheffizient miteinander verknüpft. Das innovative Steuersystem aus Bewegungsmeldern, vordefinierten Einschaltzeiten, optimierter Tageslichtnutzung sowie einem Notlichtsystem, reduziert dabei den Energieverbrauch maßgeblich während der Lichtkomfort und damit die Arbeits- und Aufenthaltsqualität signifikant steigen. Mit dem Forschungsprojekt gelang ein großer Schritt hin zu zukunftsweisender Bautechnologie, die mit Hilfe künftiger Projekte sicherlich weiterentwickelt werden dürften.